Das Handwerk packt die Energiewende an: Kammerpräsident Eckhard Stein (li.) und Hauptgeschäftsführer Heiko Henke (re.) begrüßten Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, bei der 200. Vollversammlung der Handwerkskammer Oldenburg.
© Torsten Heidemann ./. Handwerkskammer Oldenburg
Transformation gelingt nur mit dem Handwerk
Bei der Vollversammlung der Handwerkskammer Oldenburg fordert ZDH-Präsident Jörg Dittrich mehr Berufsorientierung an Gymnasien. Das regionale Handwerk zeigt sich konjunkturell robust.
erstellt am 20. Juni 2023
Oldenburg. Die Herausforderungen sind groß und der Wille zum Anpacken ebenso: Kammerpräsident Eckhard Stein und Hauptgeschäftsführer Heiko Henke haben bei der 200. Vollversammlung der Handwerkskammer Oldenburg über Projekte und Maßnahmen berichtet, die auf die Themen Nachwuchsgewinnung, Nachhaltigkeit und Betriebsübergaben einzahlen. Als Gast sprach Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), zu den gewählten Vertretern des regionalen Handwerks. Die Vollversammlung besteht aus 26 selbstständigen Handwerkern und 13 Arbeitnehmern.
ZDH-Präsident Dittrich sprach die zahlreichen Zukunftsaufgaben an. „Es sind die Fachkräfte aus dem Handwerk, die Solarpaneele installieren, die Heizungen umrüsten, die Stromleitungen verlegen. Allein für den geplanten Einbau von Wärmepumpen werden laut Branchenverbänden bis zum Jahr 2030 zusätzlich 60.000 Fachkräfte gebraucht. Wer die grüne Transformation bewältigen möchte, kann dies nur mit ausreichend Fachkräften aus dem Handwerk schaffen.“ Für Dittrich ist das Handwerk längst nicht mehr nur die verlängerte Werkbank der Politik, sondern vielmehr „ein zentraler Akteur, von dem das Gelingen der Energiewende maßgeblich abhängt.“
In seiner Rede ging Jörg Dittrich darauf ein, dass die Vielfalt handwerklicher Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote in der Berufsorientierung kaum vorkomme. „Vor allem an Gymnasien werden die Mädchen und Jungen vornehmlich auf eine Ausbildung im Hörsaal vorbereitet. Statt über die zahlreichen Karrieremöglichkeiten in den Handwerksbetrieben zu informieren, werden zu oft noch Vorurteile und Stereotype wiederholt. Doch nur wer alle Möglichkeiten kennt, kann wirklich frei entscheiden, ob die eigenen Talente und Interessen eher zu einer akademischen oder zu einer beruflichen Laufbahn passen.“
Dittrich und Stein waren sich einig, dass die Änderungen im Gebäudeenergiegesetz das Vorhaben der Bundesregierung praxistauglicher machen. Damit die Betriebe und deren Kunden endlich Planungssicherheit erhalten und die zuletzt entstandene Verunsicherung beseitigt werden kann, muss das Beschlusspapier rasch in Gesetzesform gegossen werden.
Zuvor hatte Kammerpräsident Stein dargestellt, dass über 13.000 Mitgliedsbetriebe mehr als 90.000 Mitarbeiter beschäftigen. Der Jahresumsatz wird auf knapp 15 Milliarden Euro geschätzt. „Bei unserer Konjunkturumfrage haben 86 Prozent der Betriebe angegeben, dass sie zurzeit die Geschäftslage als ‚gut‘ oder ‚befriedigend‘ empfinden. Die große Verunsicherung aus dem Herbst, als die Energiepreise unkalkulierbar waren, ist zunächst vorbei“, sagte Stein.
Hauptgeschäftsführer Henke erklärte, dass in nahezu jedem Beratungsgespräch die Fachkräftesituation eine Rolle spiele. „Neue fachkundige Mitarbeiter zu finden und einzustellen, ist sehr schwierig. Zudem stellen wir fest, dass der Fachkräftebedarf die Führungsebene erreicht hat. Nicht nur die Bewältigung der anfallenden Aufträge macht den Betrieben Sorge, sondern auch die bevorstehende Übergabe.“ Henke verwies auf die Beratung der Kammer und die Online-Plattform „nexxt-change“, auf der Suchende und Abgebende zusammenfinden.
Präsident Stein beschrieb das neue Projekt „ViP – Vorbereitet ins Praktikum“. Berichte von Betrieben, Schulen, Eltern aber auch Schülerinnen und Schülern hatten die Vermutung nahegelegt, dass die pandemiebedingte Reduzierung von Praktika die Berufsorientierung erschwert habe. „Nun sind Praktika zwar wieder uneingeschränkt möglich, viele Beteiligte benötigen aber eine Unterstützung. Hier setzt das Projekt an“, sagte Stein. Neu sei ebenfalls das Niedersächsische Siegel für Nachhaltigkeit. „Dem ersten Betrieb werden wir schon bald zusammen mit Wirtschaftsminister Olaf Lies das Siegel überreichen“, freute sich der Kammerpräsident.