Dr. Bernd Althusmann (li.) und Eckhard Stein (re.) bei der Meisterfeier mit Moderator Björn Stack.
© Hauke-Christian Dittrich

„Gründungen sind wichtig“

Kammerpräsident Eckhard Stein und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann haben die Meisterfeier eröffnet. Im Doppelinterview äußern sie sich zur Fachkräftefrage und zum Image des Handwerks.

Der Besuch des niedersächsischen Ministers für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung hat die Gäste der Meisterfeier sehr gefreut. Wir haben nachgefragt.

Herr Minister Althusmann, die Pandemie ist noch nicht vorbei und Russland führt Krieg in der Ukraine. Ist die Meisterfeier in Oldenburg eine wohltuende Ablenkung?

Dr. Bernd Althusmann: Ich bin auf jeden Fall gerne gekommen, um allen zur bestandenen Meisterprüfung zu gratulieren. Auch wenn wir alle in diesen schweren Zeiten nicht ganz unbeschwert feiern können, sollen sich die Meisterinnen und Meister über ihren beruflichen Erfolg und das Erreichte freuen. Der Mittelstand und das Land Niedersachsen brauchen tatkräftige Handwerkerinnen und Handwerker überall in Niedersachsen.

Und Sie, Herr Stein, sind wahrscheinlich froh, dass die Meisterfeier wieder in Präsenz stattfinden konnte, oder?

Eckhard Stein: Und wie! Es konnten leider nicht alle eingeladen werden, die wir gerne dabeigehabt hätten. Gleichzeitig war es ein Anfang, nachdem die Pandemie über uns hereingebrochen ist und wir jetzt wieder zu liebgewonnen Dingen zurückkehren möchten.

Was können Sie aktuell über das Handwerk berichten?

Dr. Bernd Althusmann: Wirtschaftspolitik ist immer und in erster Linie Politik für Mittelstand und Handwerk. Immerhin 99,6 Prozent aller Unternehmen in Niedersachsen gelten als mittelständisch, davon ist das Handwerk ein wichtiger Teil. Viele unserer Initiativen zielen daher auf Bürokratieabbau und die Digitalisierung ab. Wir forcieren zudem unsere Kräfte, auch unter Beteiligung der Handwerksorganisationen, um mit Hilfe der Fachkräfteinitiative mehr Fach- und Arbeitskräfte für den Arbeitsmarkt zu gewinnen und so den insgesamt in vielen Branchen bestehenden hohen Bedarf an Know-how und Arbeitskräften zu entlasten.

Eckhard Stein: Neben den akuten Krisenfolgen treten die langfristigen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Energiewende, Klimaschutz und Digitalisierung noch mehr zu Tage. Deshalb ist es so wichtig, dass die Landesregierung bei allen Punkten das Handwerk unterstützt.

Nehmen wir konkret den Fachkräftemangel unter die Lupe. Was kann getan werden?

Dr. Bernd Althusmann: Die Landesregierung unterstützt Unternehmen hierbei auf unterschiedliche Weise. Angefangen bei Gesetzen, damit ausländische Fachkräfte zuwandern können bis hin zu vielfältigen Aufstiegsfortbildungen. Den Betrieben rate ich: Bilden Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus und fort, werben Sie für die Attraktivität Ihrer Gewerke. Fachkräftegewinnung wird zukünftig nicht „mal so eben nebenbei“ erledigt werden können.

Die frisch gebackenen Meisterinnen und Meister interessieren sich sehr für Optionen bei der Existenzgründung...

Dr. Bernd Althusmann: Und das ist gut so! Gründungen sind wichtig! Das Handwerk braucht neue Unternehmerinnen und Unternehmer, die motiviert ans Werk gehen und viel erreichen wollen. Daher fördern wir mit der Gründungsprämie die Schaffung eines unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatzes in den ersten zwei Jahren des Bestehens mit 10.000 Euro. Zudem unterstützt das Land Niedersachsen die Handwerkskammern dabei, eine spezielle Beratung anzubieten, die Nachfolgerinnen und Nachfolger bei Betriebsübergaben begleiten. Und mit dem MikroSTARTer gibt es ein Kreditangebot für Gründungs- und Nachfolgeinteressierte.

Eckhard Stein: Dazu informieren die betriebswirtschaftlichen Berater der Handwerkskammer gerne. Die Hälfte aller Langzeitberatungen dreht sich um das Thema Existenzgründung.

Wie steht es um das Image des Handwerks?

Eckhard Stein: Eltern und Schulen sind entscheidend für die berufliche Entwicklung. Aus der Sicht des Handwerks müssen die berufliche Bildung und die akademische Bildung gleichwertig behandelt werden. Und wir müssen unsere Trümpfe ausspielen: Das Handwerk ist modern und nachhaltig. Alle Jugendlichen, die Klimaschützer werden wollen, sind zum Beispiel in den Bereichen Anlagentechnik, Elektrotechnik, Holzverarbeitung oder Mobilität richtig aufgehoben.

Dr. Bernd Althusmann: Das Handwerk steht auf dem Ausbildungsmarkt harten Mitbewerbern gegenüber. Es ist an uns allen, der Politik, den Schulen und den Organisationen des Handwerks, für Ausbildungs- und Berufschancen im Handwerk zu werben und einzutreten. Den frisch gebackenen Meisterinnen und Meistern möchte in diesem Zusammenhang zurufen: Kümmern Sie sich intensiv um Ihre Nachfolger in der dualen Ausbildung und in den Meisterschulen!