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Alkohol am Arbeitsplatz
Promillegrenze im Salon und in der Werkstatt: Mit dem Thema hat sich Rechtsreferendar Frederik Lethmate befasst. Er hat seine Praxisausbildung bei der Handwerkskammer absolviert und seine Ergebnisse in diesem Gastbeitrag zusammengefasst.
Ob Einweihungsfeier, Firmenjubiläum oder Geschäftsabschluss – es gibt viele Anlässe, zu denen auch bei der Arbeit gelegentlich die Korken knallen. Doch wie viel ist bei der Arbeit eigentlich zu viel? Eine Frage, die keinesfalls nur Einzelfälle betrifft. Eine Studie der DAK-Krankenkasse stuft den Alkoholkonsum beinahe jedes zehnten Arbeitnehmers in Deutschland als riskant ein.
Wie viel ist zu viel? – Welche Promillegrenze gilt am Arbeitsplatz?
Die Gesetzeslage ist dennoch erstaunlich oberflächlich. Eine feste Promillegrenze für den Arbeitsplatz gibt es in Deutschland nicht. Von der Teilnahme am Straßenverkehr abgesehen, gilt bei der Arbeit grundsätzlich nur ein relatives Alkoholverbot. Den allgemein verbindlichen Unfallverhütungsvorschriften der Unfallversicherungen zufolge dürfen sich Arbeitnehmer durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln „nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können“ (§ 15 DGUV Vorschrift 1). Das zulässige Maß hängt daher vom Einzelfall ab – insbesondere von der Gefahr Geneigtheit der jeweiligen Tätigkeit. Eine Null-Promille-Grenze gilt nur in sicherheitsrelevanten Bereichen, wie insbesondere beim Führen von Kraftfahrzeugen, bei Arbeiten in Gefahrenbereichen oder beim Umgang mit Gefahrstoffen. Ansonsten ist es maßgeblich, ob der Arbeitnehmer noch diejenige Sorgfalt aufbringen kann, die im jeweiligen Handwerk üblich ist und die erforderlich ist, um die mit der jeweils verrichteten Arbeit einhergehenden Gefahren zuverlässig abzuwehren.
Und wenn schon? – Haftungsrisiken durch Alkoholkonsum
Trotz vermeintlich lascher Regelungen kann eine übermäßige Alkoholisierung am Arbeitsplatz weitreichende Konsequenzen haben. Verstöße gegen die vorgenannte Unfallverhütungsvorschrift stellen eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit dar. Es drohen Bußgelder von bis zu 10.000 € - für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Kommt es zu Unfällen, droht ferner nicht nur eine verschärfte Haftung gegenüber Dritten, sondern vor allem der Verlust des Versicherungsschutzes. Schreitet der Arbeitgeber trotz erkennbarer Beeinträchtigung nicht ein, verletzt er zudem seine Fürsorgepflicht gegenüber dem alkoholisierten Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kann also dem Arbeitnehmer gegenüber für dessen Schäden haften.
Geht’s auch etwas konkreter? – Regelungsmöglichkeiten für den Arbeitgeber
Dem Arbeitgeber stellt sich deshalb die Frage, wie sich mehr Rechtssicherheit erreichen lässt. Insofern bietet sich eine konkrete Regelung im Arbeitsverhältnis an, weil dies üblicherweise für beide Seiten die größtmögliche Transparenz schafft und Auseinandersetzungen vermeidet. Um gleichzeitig mehrere Arbeitsverhältnisse zu erfassen, kommt eine entsprechende Betriebsvereinbarung in Frage. Zum selben Zweck kann der Arbeitgeber ferner von seinem Weisungsrecht (§ 106 S. 2 der Gewerbeordnung) Gebrauch machen und entsprechende Anordnungen treffen. Inhaltlich muss das Alkoholverbot allerdings in jedem dieser Fälle verhältnismäßig sein. Während der Arbeitszeit lässt sich der Konsum von Alkohol oder anderen Drogen so zwar generell untersagen. Eine Null-Promille-Grenze ist aber auch auf diesem Weg nur ausnahmsweise zulässig. Denn derart weitgehende Regelungen beeinträchtigen den Arbeitnehmer auch in seinem Privatleben. Schließlich baut sich Alkohol im Blut nur langsam ab (ca. 0,1 ‰ pro Stunde), sodass eine absolute Grenze faktisch immer zugleich den Konsum in der arbeitsfreien Zeit einschränkt. Rechtssicher sind Null-Promille-Grenzen daher nur in den oben genannten, sicherheitsrelevanten Bereichen.
Zu tief ins Glas geschaut? – Was tun bei Verdacht auf Alkoholisierung?
Erscheint der Arbeitnehmer erkennbar angeheitert, ist ein Einschreiten geboten. Ein Alkoholtest ist zwar in der Regel weder technisch noch rechtlich möglich. Um einzugreifen, genügen im Arbeitsverhältnis jedoch schon äußere Feststellungen, wie insbesondere der schwankende Gang, gerötete Augen, emotionale Sensibilität, besonderer Rededrang, die lallende Aussprache oder die markante Alkoholfahne. Diese Anzeichen sollten bestenfalls bezeugt und protokolliert werden. Sofern eine sichere Arbeitsausführung nicht mehr gewährleistet ist, sollten Arbeitgeber den Betroffenen vorübergehend freistellen. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers endet dann allerdings nicht an der Ladentür. Er hat erforderlichenfalls für einen sicheren Heimweg zu sorgen – auf Kosten des Betroffenen. Ein Lohnanspruch besteht für die ausgefallene Arbeitszeit grundsätzlich nicht. Eine Kürzung des Gehalts ist also möglich, sofern keine ernsthafte Suchterkrankung vorliegt. Für solche Fälle gelten die Grundsätze der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Wenn alles nichts hilft? – Alkohol als Kündigungsgrund
Als letztes Mittel bleibt die Kündigung. Voraussetzung dafür ist aber grundsätzlich ein wiederholter Verstoß sowie eine vorherige Abmahnung. Das gilt selbst bei einem ausnahmsweise im Arbeitsverhältnis gesondert geregelten Alkoholverbot. Eine krankhafte Alkoholsucht wird hingegen als seelische Erkrankung eingestuft. Wie bei anderen Erkrankungen, setzt eine Kündigung dann eine negative Heilungsprognose voraus. Vor einer Kündigung muss daher grundsätzlich die Möglichkeit einer Suchttherapie bestehen. Bei Auszubildenden liegen die Begründungsanforderungen ebenfalls höher. Für Rückfragen zu Einzelfällen bietet die Handwerkskammer ihren Mitgliedern auf Anfrage kostenlose Rechtsberatung an.